26.04.2019

Zum Inhalt

buchcoverDer Geologe Erik Olden sucht schon lange nach Spuren fremder Raumfahrer. Er glaubt, dass einige Völker vor Jahrtausenden Kontakt zu Außerirdischen hatten und von ihnen einen Entwicklungsimpuls bekamen. Allein die Beweise in Form von Artefakten, Aufzeichnungen oder anderen Spuren fehlen ihm bis jetzt. Da stößt er beim Sichten alter Mondaufnahmen auf einen brückenähnlichen Schatten. Eine Expedition führt ihn zu dem mutmaßlichen Objekt. Er kann es scannen und erkennt eine Zahlenfolge. Doch dann vernichtet ein plötzlicher Steinschlag seinen Fund.

Olden gibt nicht auf und reist mit einer Forschergruppe zum Marsmond Phobos. Die Forscher entdecken Hohlräume, zurückgelassene technische Anlagen und einige wenige Gegenstände. Außerirdische müssen den Mond vor Jahrtausenden in eine Art Raumstation zur Erzeugung und Aufhebung von Schwerkraftfeldern verwandelt haben.

Bei einem Forschungsgang findet Olden ein Kästchen mit dünnen Drähten. Diese entpuppen sich als Speichermedien mit Aufzeichnungen eines fremden Raumfahrers.

Eine Übersetzung der Notizen gelingt, da die Schriftzeichen der Fremden denen der uralten irdischen Keilschrift ähneln.

Der Bericht des Termon, einer der fremden Raumfahrer, führt 6000 Jahre in die Vergangenheit. Ein Großraumschiff der Mejuaner war zur Erforschung der Erde und ihrer Bewohner in das Sonnensystem gekommen. Die Besucher treffen auf Menschen, die in der Gegend des heutigen Libanon leben. Ein lokaler Herrscher, König Assar, weiß diese Begegnung für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Als Günstling der Götter kann er seine Machtposition stärken. Sein Sohn Sotas fasst Vertrauen zu den Fremden und bekommt einen kleinen Einblick in ihr großes Wissen.

Assar entsendet einige Steinmetze zum Bearbeiten riesiger Steinblöcke, aus denen eine Landeplattform für das Großraumschiff zusammengesetzt werden soll. Die Handwerker sind jedoch Kriegsgefangene und werden unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit angetrieben. Einem von ihnen gelingt die Flucht aus dem Arbeitslager. Leth begegnet Sotas und erringt dessen Gunst. Der Königssohn berichtet den Mejuanern über die Behandlung der Steinmetze.

Assar muss die Arbeiter freilassen und verspricht eine ausreichende Belohnung für deren Tätigkeit. Etwa zur gleichen beginnt Eschmara, der wichtigste Berater des Königs, einen Plan zum Sturz Assars umzusetzen. Als Erstes überredet er den König, seinen Sohn als Statthalter für die südlichen Gebiete zu entsenden.

Sotas ist von der Aufgabe vollkommen überfordert und verliert sich in hochfliegenden Projekten. Angeregt durch das Wissen der Mejuaner möchte er seine Zeit am liebsten mit der Errichtung großer Prachtbauten oder Kunstwerken verbringen. Gleichzeitig bedenkt er jedoch nicht, welche Kosten seine Pläne verursachen und wer diese dann zu tragen hat. Im Volk brodelt es und die Vertrauten Eschmaras tun alles dafür, dem König und seiner Familie die Schuld für die Not im Land zu geben.

Die Fremden waren jedoch nicht nur wegen der Erde in diese Region der Milchstraße gereist. Ihr Interesse gilt auch ihrem alten Heimatplaneten Meju, den sie vor Jahrtausenden aufgrund einer drohenden Gefahr verlassen mussten. Sie hoffen, dessen Schicksal noch abwenden zu können.

Doch sie sind zu spät gekommen. Meju und sein recht großer Begleiter sind einander zu nahe gekommen. Beide Himmelskörper stoßen zusammen und vergehen in einer gewaltigen Explosion. Danach dehnt sich eine gewaltige Trümmerwelle mit großer Geschwindigkeit aus. Auch der Erde drohen schwerste Verwüstungen.

Termon versucht, durch Sotas und Leth die Bewohner des Landes zu warnen. Die Warnung geht jedoch in den Wirren eines plötzlich ausbrechenden Volksaufstandes unter.

riesensteinDas Großraumschiff erreicht inzwischen die Erde. Es bleibt jedoch keine Zeit zur Landung. Die Landungsschiffe der Mejuaner starten und docken im Orbit an. Doch nun erreicht die Trümmerwolke die Erde. Leider verfügt nur das große Schiff über eine Meteoritenabwehr.

Der Meteoritensturm fordert auf der Erde viele Opfer und verheert weite Landstriche. Auch zwei der Landungsschiffe werden beim Start von Meteoriten vernichtet. Einige Menschen beobachten, wie eine der Flugkugeln fällt und die Götter sterben.

Später kommt es zu einer letzten Begegnung zwischen Termon und Leth. Es ist ein Abschied für immer. Denn die Mejuaner verlassen das Sonnensystem und fliegen nach Hause. Damit endet der Bericht.

Olden und seine Mitarbeiter kehren auf die Erde zurück und reisen zur Terrasse von Baalbek. Denn nur dies kann der Ort sein, so vermutet Olden, an dem damals das Großraumschiff der Mejuaner landen sollte.

Beim Graben stoßen die Forscher auf leere Räume. Erst als die Nacht anbricht, enthüllt die Terrasse von Baalbek ein letztes Geheimnis. Olden weiß jetzt, wo die alte Heimat der Mejuaner lag und wohin sie vor vielen tausend Jahren zurückgekehrt sind.

Hintergrund

Günther Krupkat hat vier SF-Romane geschrieben. Die ersten beiden Romane, »Die Unsichtbaren« und »Die große Grenze« thematisieren die Konfrontation zwischen den beiden Gesellschaftssystemen als Wettlauf ins All, was typisch für viele Werke der frühen DDR-SF war. Außerdem sind sie geprägt von der ausführlichen Darstellung wissenschaftlich-technischer Zusammenhänge und damit etwas nüchtern in ihrem Stil. Die beiden folgenden Romane sind jedoch qualitativ viel besser und »SF-mäßiger«. [2]

Der Roman »Als die Götter starben« erschien erstmals 1963 als gebundenen Ausgabe und wurde danach noch mehrfach in verschiedener Form veröffentlicht (Gelbe Reihe, SF-Utopia, Romanzeitung). Die darin verwendeten Grafiken von Martin Kotsch sind nicht nach meinem Geschmack.

Zusammen mit seiner Fortsetzung »Nabou« ist der Roman ein gutes Beispiel dafür, wie die Themen Raumfahrt und technischer Fortschritt verschiedene Autoren in den sechziger Jahren dazu animierte, sich dem Genre Science-Fiction zu widmen.

Die Vorstellung, dass die Terrasse von Baalbek ein Landeplatz außerirdischer Raumfahrer gewesen sein könnte, wurde erstmals 1959 von dem russischen Forscher Modest Agrest formuliert. Günther Krupkat besuchte die Ruinen selbst und hielt auch Vorträge zu diesem Thema. [2]

Auf die Handlung dieses und weiterer SF-Romane wird übrigens in zwei gleichnamigen Geschichten von Rolf Krohn und Erik Simon Bezug genommen. Der Mejuaner Termon beklagt darin die Ignoranz der Erdbewohner, denn: »Habt ihr nicht verstanden, worum es den Menschen geht? Sie wollen keine außerirdischen Besucher gehabt haben!« ([3], S. 239) Als Konsequenz werden die Menschen sich selbst überlassen und auf weitere Kontaktversuche wird verzichtet. Die Erde soll als Reservat einer »einzigartigen archaischen Zivilisation« erhalten bleiben.

Eine überaus gelungene Rezension zum Roman ist auch auf den Seiten von Alexander Baumbach zu finden.

Persönliche Wertung

Als ich diesen Roman zum ersten Mal las, muss ich neun oder zehn Jahre alt gewesen sein. Schon sein Titelbild von Heidrun Hegewald regte meine Phantasie an. Ich träumte damals davon, wie die Geschichte um Olden und die Mejuaner weitergehen könnte und versuchte mich sogar am Schreiben einer eigenen Fortsetzung. Ein Hefter wurde angelegt und die ersten Seiten füllten sich mit meinen kindlichen Phantastereien. Mich faszinierte dabei die Entwicklung einer Vorstellung vom Leben auf dem neuen Heimatplaneten der Fremden.

Als sehr interessant und angenehm empfand ich schon damals die Darstellung der Außerirdischen. Sie treten nicht als Aggressoren auf. Trotz nahender Katastrophe und damit verbundener Suche nach einer neuen Heimat kam für die Mejuaner niemals eine Besiedlung unseres Planeten in Frage. Die Fremden achten jedes Leben und vertrauen darauf, dass auch die Erde einmal eine intelligente Spezies hervorbringen würde.

Besonders ansprechend ist die Handlung durch die zwei Zeitebenen. Geschehnisse in der Zukunft rahmen einen Bericht über Begebenheiten aus einer viele tausend Jahre zurückliegende Vergangenheit ein. So kann man den Roman nicht nur Science-Fiction-Fans empfehlen, sondern auch jedem an Geschichte interessierten Leser.

Leider gibt es für die Mejuaner nicht so etwas wie eine »oberste Star-Trek-Direktive«, sonst wären sie bei der Vermittlung ihres Wissens an Sotas sicher etwas vorsichtiger gewesen.

Nun, aus meinem »Buch« ist niemals etwas geworden. Aber auch heute lasse ich mich noch gern von Olden und seiner Gruppe in die Mondstadt Endymion, auf den Marsmond Phobos, zu Leth und Sotas in das Land am südlichen Fluss oder in die Tempelanlage von Baalbek entführen. Großen Anteil hat daran auch die phantasie- und bildreiche Sprache des Autors, die vor dem inneren Auge seiner Leser eine lebendige Zukunftswelt entstehen lässt.

Zum Buch

Titel: Als die Götter starben
Autor: Günter Krupkat
Verlag: Das Neue Berlin 1967
Seitenzahl: 288
Ausgabe: Paperback, Gelbe Reihe

Quellen

[1] Als die Götter starben – Verlag Das Neue Berlin 1967

[2] Die Science-Fiction der DDR – Autoren und Werke, Verlag Das Neue Berlin 1988 – herausgegeben von Erik Simon und Olaf R. Spittel, Seite 182 – 185

[3] Begegnung im Licht – BASAR, Verlag Neues Leben 1976

Das Bild: Riesenstein – Wikipedia, nach © Martin Peylo