31.10.2013

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CoverUngefähr acht Jahre nach ihrem denkwürdigen Flug zum Mars gehen Belopolski, Paitschadse und Melnikow zusammen mit neun weiteren Forschern auf eine neue Reise durch das Sonnensystem. Diesmal wollen sie die Geheimnisse der Venus lüften.

Vor der Landung auf der Venus steht jedoch noch die Untersuchung des Asteroiden Arsena auf dem Programm. Der Kleinplanet war den Forschern bereits auf der Reise zum Mars begegnet.

 

Für eine Untersuchung blieb damals keine Zeit. Die Raumfahrer entdecken einen Talkessel mit geometrischen Körpern. Jene Figuren und ihre Anordnung können nicht zufällig entstanden sein. Alles deutet darauf hin, dass das Sonnensystem vor langer Zeit von Außerirdischen besucht wurde!

Arsena

Das Raumschiff »SSSR-KS3« setzt seinen Flug fort und gelangt zur Venus. Nach langer Suche über einem riesigen Ozean entdecken die Forscher eine Insel und landen. Die Venus empfängt ihre Besucher auf sehr ungastliche Weise. Eine dichte Wolkendecke verhüllt Sonne und Sterne. Es ist drückend heiß, die Luft ist giftig und enthält sehr wenig Sauerstoff. Ständig ziehen Gewitter auf. Gewaltige Blitze und sintflutartige Regenfälle bringen die Kosmonauten ständig in Lebensgefahr.

Ankunft VenusLandungLandung im Wasser

Nur unter Wasser in ihrem Unterseeboot können sich die Forscher sicher und frei bewegen. Sie entdecken hier eine reiche Tier- und Pflanzenwelt.

EntdeckungGewitter

Als es nach einigen Tagen dämmert und die Nacht heraufzieht, beruhigt sich das Wetter. Der Wasserspiegel steigt und das Raumschiff wird näher an die Küste verlegt. Zwei Forscher gehen mit einem Geländewagen auf Erkundungsfahrt. Nach einer schier endlosen Strecke durch ein riesiges Waldgebiet gelangen sie an einen See. Plötzlich erscheinen große schildkrötenartige Lebewesen an dessen Oberfläche, packen das Fahrzeug und schleppen es unter Wasser. Ein hinzu geeiltes Rettungsteam muss seinen Einsatz erfolglos abbrechen.

Weggeschleppt

Die Entführten werden in eine Höhle im See gebracht und begegnen dort den wahren Herren der Venus. Die Venusianer sind vernunftbegabte Reptilien. Sie sind klein, haben drei Augen und führen eine primitive Lebensweise. Die großen Schildkröten sind ihre Haustiere und werden für körperlich schwere Arbeiten eingesetzt. Die Venusianer besitzen einfache technische Hilfsmittel und erinnern sich an einen früheren Kontakt mit Vertretern einer anderen Zivilisation. Jene Wesen kamen vor langer Zeit auf die Venus, lebten eine Zeitlang bei den Venusianern und vermittelten ihnen einen Teil ihres Wissens.

VenusianerVerstaendigung

Die Venusianer fordern die Menschen auf, unbedingt zu einem nahe gelegenen Gebirge zu fliegen. Die Forscher machen sich auf den Weg und entdecken dort ein uraltes Raumschiff.

Die Schale

Zwei Raumfahrer verschaffen sich Zugang zum Schiff und finden darin eine Botschaft der Phaetonen. Außerdem stellen sie mit Erstaunen fest, dass die Schiffstechnik durch Bioströme und Gedankenbefehle gesteuert werden kann.

Phaetone erscheintAstronomisches Rätsel

Einer der Forscher erteilt dem Schiff aus Versehen den Befehl zum Starten. Erst nach einigen Tagen gelingt es den beiden Raumfahrern, den Flug des Raumschiffs zu kontrollieren.

Plötzlicher Start

Sie werden von der »SSSR-KS3« eingeholt. Der Leiter der Expedition entscheidet: Der Flug und die Landung mit dem Phaetonenschiff muss zuerst trainiert werden. Zwei Raumfahrer werden zum Planetoiden Ceres fliegen und dort landen. Erst danach soll eine Landung auf der Erde gewagt werden.

Melnikow und Wtorow werden ueberraschtBegegnung im All

Auf dem Anflug zur Ceres gehen die Energievorräte des Schiffs zu Ende. Es stürzt auf den Zwergplaneten. Nach zwei Wochen wird die in Not geratene Mannschaft durch das englische Raumschiff »Prince of Wales« gerettet.

Absturz auf CeresDie Behälter

Den Hinweisen folgend, die auf dem Asteroiden Arsena entdeckt wurden, finden die Menschen am Südpol der Erde den verborgenen Aufbewahrungsort des Erbes der Phaetonen. Eine Botschaft erzählt vom Schicksal des ehemals fünften Planeten unseres Sonnensystems. Er wurde von den Fliehkräften des Jupiters aus seiner Bahn gedrängt und danach regelrecht zerrissen. Innerhalb von 100 Jahren konnten jedoch alle Bewohner in ein anderes Sternsystem umgesiedelt werden. (Man glaubt, dass es sich um das Wega-System handelt, obwohl die Entfernung mit 48 Lichtjahren vom Autor falsch angegeben wird.)

Das Erbe der Phaetonen

Mit Hilfe eines Apparates, der am Aufbewahrungsort gefunden wird, schicken die Erdbewohner den Phaetonen ein Signal. Sie teilen mit, dass sie zum Kontakt bereit sind…

Hintergrund

Der erste Teil des Romans (deutsch »Die Schwester der Erde«) erschien 1959 auf Russisch. Beim Schreiben des zweiten Teils (»Das Erbe der Phaetonen«) ändert der Autor den Schluss des ersten Teils wesentlich.

Buch Zwei

Ursprünglich endete »Die Schwester der Erde« so:

Die Raumfahrer entdecken das fremde Raumschiff. Sie finden eine Nachricht darüber, dass das Schiff nach der Zerstörung des Planeten Phaeton direkt zur Venus geflogen ist und hier schon sehr lange Zeit liegt. Die ausführliche Untersuchung des extraterrestrischen Schiffes wird bis zur nächsten Expedition verschoben. Die Raumfahrer kehren zur Erde zurück…

Buch Drei

Zusammen mit dem Roman »220 Tage im Weltraumschiff« gehört »Das Erbe der Phaetonen« zum Zukunfts-Zyklus »Звездоплаватели« (deutsch »Die durch den kosmischen Raum zu den Sternen fliegen«).

Im Jahr 1964 erfolgte die Erstveröffentlichung auf Deutsch und später gab es mehrere Auflagen. Georgi Martynow war bei den SF-Lesern der damaligen Zeit sehr beliebt.

Die im Roman dargestellten Umweltverhältnisse auf der Venus und dem Mars entsprechen dem Wissenstand der 1950er Jahre. Erst in den 1960er Jahren erreichten Sonden die beiden Planeten und zeichneten ein ganz anderes Bild als wir es uns vorgestellt hatten.

Persönliche Wertung

Der Roman war in den 50er und 60er Jahren ein Hit für Leser von SF-Literatur. Heute ist er ein Klassiker der Science Fiction. Seine spannende und unterhaltsame Handlung sind besonders hervorzuheben. Die Entdeckerfreude der Figuren ist ansteckend, und so folgt der Leser ihnen bereitwillig in immer wieder neue Abenteuer.

Die Helden des Romans setzen auf Forschung und Verständigung, die Venus soll nicht erobert oder kolonisiert werden! Die meisten Völker der Erde erforschen  gleichberechtigt und gemeinsam den Weltraum. Ein Novum für die damalige sowjetische SF-Literatur – im Roman ist das englische Schiff »Prince of Wales« viel leistungsfähiger als die sowjetische Technik!

Natürlich sind die Raumfahrer bewaffnet. Die Erlebnisse auf dem Mars haben gezeigt, dass nicht jede Lebensform friedlich oder ungefährlich ist. Ohne Selbstschutz auf einem unbekannten Planeten herumzulaufen, wäre ziemlich unvernünftig. Trotzdem werden Konflikte und gefährliche Situationen nicht von vornherein erwartet. Die Mannschaft reagiert auf die gefährliche und fremdartige Natur der Venus angemessen und wohlüberlegt.

Die Figuren des Romans werden nicht als perfekte Superhelden gezeichnet. Einige sind gelegentlich psychisch etwas instabil. Besonders die jüngeren und unerfahrenen Besatzungsmitglieder verzweifeln schnell. Gut und überzeugend wird jedoch gezeigt, wie ihnen die Älteren in schwierigen Situationen helfend zur Seite stehen. Melnikow ermahnt den jüngeren Wotorow in ernster Lage: »Bevor du an dich denkst, denke immer an die anderen!« ([1], S. 157) Eine ähnliche Philosophie findet man bspw. bei Spock in Star Trek II wieder: »Das Wohl vieler ist wichtiger als das Wohl weniger, oder eines Einzelnen.«.

Das Verhalten der handelnden Personen ist durch große Menschlichkeit und tiefes Verantwortungsbewusstsein geprägt. Autorität, Respekt, Freundlichkeit und väterliche Liebe prägen die Führungspersönlichkeiten. Ich glaube, jeder Leser hätte sich in dieser Forschergruppe sehr wohl gefühlt.

Wie viele sowjetische Autoren ist Martynow bestrebt, den Menschen der Zukunft als erstrebenswertes Ideal zu beschreiben. Dabei wirken seine Figuren keinesfalls unerreichbar oder übermenschlich. Der Leser erfährt von ihren innersten Wünschen und Sehnsüchten. Ihm wird bewusst, wie schwer es ihnen gefallen sein muss, die Liebsten auf der Erde zurückzulassen. Er spürt die Freude der Männer an ihrer Arbeit und am Streben nach Erkenntnis.

Äußerst spannend gestaltet sich der langwierige und oft frustrierende Versuch, mit den Venusianern in Kontakt zu kommen. Es gibt keinen Universalübersetzer. Den Beteiligten stehen nur Gesten und Gegenstände zur Verfügung. Ein großes Maß an Geduld ist erforderlich. Es kommt zu Missverständnissen. Gegenüber anderen Darstellungen von Erstkontakten wirkt dies weitaus realistischer. Die Kommunikation mit Außerirdischen ist kompliziert, weil die Unterschiede im Denken so groß sein können! Jedoch gibt der Autor seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Kontakt zu einer außerirdischen Spezies friedlich und für beide Seiten gewinnbringend verlaufen wird.

Ein Abschnitt der Handlung hat mein besonderes Interesse geweckt. Die Kosmonauten erfahren von den Venusianern, dass Außerirdische einige Lebensformen auf der Venus genetisch verändert haben müssen. So wurden bspw. die riesigen Schildkröten zu intelligenten Helfern entwickelt. Die Vorstellung von genetisch veränderten Lebewesen findet man in der SF- Literatur jedoch in der Form erst über 20 Jahre später bei David Brin in seinem Uplift-Zyklus wieder!

Der Roman ist trotz seines Alters und mancher überholter astronomischer Vorstellungen immer noch lesenswert und gehört unbedingt in die Büchersammlung jedes SF-Fans.

Zum Buch

Russischer Originaltitel: Сестра Земли, Наследство Фаэтонцев
Schwester der Erde, Das Erbe der Phaetonen
Originaltitel: Das Erbe der Phaetonen
Autor: Georgi Martynow
Deutsch: Traute und Günther SteinDieter Pommerenke
Verlag: Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1965
Seitenzahl: 517
Ausgabe: Gebunden mit Schutzumschlag

 

Quellen

[1] Das Erbe der Phaetonen – Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1965

[2] Звездоплаватели – Лениздат, 1960

Das Buchcover ist die Grafik von Wolfgang Würfel.

Die Illustrationen stammen aus der russischen Originalausgabe des Buches Звездоплаватели – Лениздат, 1960 und sind Grafiken des Malers Л.Я.Рубинштейн.

Die Informationen und Illustrationen der russischen Originalausgabe stammen von ПУБЛИЧНАЯ БИБЛИОТЕКА.

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